3. Der neue Geist der Arbeit
von Bernd Stegemann
Erschienen in: Kritik des Theaters (04/2013)
»Selfmanagement is the last hope of capitalism.«
Graffiti an einem Bauzaun in San Fancisco93
Mit dem Fortschreiten der Geschichte wird es immer schwieriger, die Dialektik zu erkennen, die dem antagonistischen Zusammenspiel der Kräfte im Subjekt, zwischen den Subjekten und den von ihnen gebildeten Systemen zugrunde liegt. Die fetischisierende Selbstdarstellung ist in der Gegenwart zu einer fast vollständig geschlossenen Oberfläche geronnen, die nicht nur die Subjekte und ihre sozialen Beziehungen umschließt, sondern sich gerade auch in der selbstreferenziellen Geschlossenheit der systemischen Zusammenhänge manifestiert.94 Das Subjekt erscheint für sich selbst aufgrund seiner entfremdeten Arbeit als funktionierendes Wesen, dessen Wert sich nach der symbolischen Anerkennung, der Bezahlung und dem Grad der Befriedigung in seiner Arbeit bemisst. Kein größeres Unglück als der Verlust des Arbeitsplatzes. Die Beschneidung der sozialen Sicherungen arbeitet an dieser Ideologie durch die Vergrößerung der Existenzangst ebenso wie der gesellschaftliche Status quo, der den Sinn des Lebens in der Arbeit sieht.
Zur neuen Arbeit in einer postfordistischen Gesellschaft, in der die Arbeit sich fast vollständig von der körperlichen Anstrengung auf eine geistige Disziplin verlagert hat, gehören nicht mehr nur die Opferung der Zeit und Kraft, sondern im wachsenden Maße der Einsatz der ganzen Persönlichkeit. Freundlichkeit, Teamfähigkeit, soziale Kompetenzen, emotionale...