Kürzlich „Faust I“, demnächst „1984“ und am Ende ein großes Gastspiel-Festival unter dem Titel „The Future of Europe“: Das Schauspiel Stuttgart geht in der Abschiedssaison von Intendant Armin Petras noch einmal wild entschlossen die großen Themen an. Parallel zur Wühlarbeit in regionalen Stoffen war seine Fünf-Jahres-Ära auch in dem Bemühen erfolgreich, die Südwest-Metropole wieder mehr ans Fernverkehrsnetz überregional wichtiger Regisseure anzukoppeln. Im Kontrast dazu rückt das kostenexplosive Tiefbahnhof-Projekt S 21 in immer weitere Ferne: Nicht 2021, sondern erst 2024 soll es fertig werden. Frühestens.
Nach Robert Borgmann und Christopher Rüping hat Petras nun auch den Dortmunder Schauspielchef Kay Voges nach Stuttgart verpflichtet, damit dieser hier „Das 1. Evangelium“ per Uraufführung „frei nach Matthäus“ verkünde – wohl wissend, dass das hier im Ursprungsland des Pietismus ein bisschen auch heißt, Eulen nach Athen zu tragen. Seinen multimedial überladenen Stil, wie zuletzt in „Borderline Prozession“ am Theater Dortmund und später auf dem Berliner Theatertreffen 2017 zu sehen, führt Voges nun mit einer ebenso überbordend gewaltigen Matthäus-Installation in Stuttgart konsequent fort. Mit wallenden Weihrauch-Düften, dröhnendem Bach-Passionschor „Kommt, ihr Töchter, helft mir klagen“ und einem Saalhimmel, der wie ein Sternenfirmament leuchtet, fährt Voges bei seiner Bibel-Exegese massiv sakrale Überwältigungsstrategien auf. Unglaublich, was es dann alles...