Mitspielen = Dazugehören
von Anne Fritsch
Erschienen in: Theater unser – Wie die Passionsspiele Oberammergau den Ort verändern und die Welt bewegen (04/2022)
Oberammergau hat gut 5000 Einwohner. Ungefähr die Hälfte von ihnen ist an den Spielen beteiligt: in Sprechrollen, im Volk, im Chor, im Orchester, hinter der Bühne. Mindestens jeder zweite im Ort arbeitet also mit, organisiert sich jedes zehnte Jahr sein Leben so, dass genug Zeit fürs Theater bleibt. Dass es nicht noch mehr sind, liegt nicht an mangelnder Motivation.
Ich bin ein Gast in Oberammergau, unter den Männern und Frauen des Ortes. Sie empfangen mich herzlich, beantworten mir meine Fragen offen, erzählen mir ihre Passionen und ihre Leben. Und doch ist hier klarer als anderswo, dass ich außen vor bleibe. Würde ich heute nach Oberammergau ziehen, dürfte ich erst bei den Passionsspielen 2050 mitspielen. Denn ein strenges Spielrecht regelt, wer mitmachen darf – und wer nicht. Nun bin ich tatsächlich nur als Gast hier und hege keine derartigen Ambitionen. Allein: Denen, die hierherziehen, um hier zu leben, geht es nicht anders. Sie bleiben eine sehr lange Zeit außen vor. Woher also kommt die strenge Regelung? Braucht es sie? Und wie genau sind die Regeln?
Das Spielrecht
Wie die Gesellschaft rund um die Spiele hat sich auch das Spielrecht im Laufe der Zeit verändert. Es zeugt von Ausgrenzung, aber auch von...