Theater der Zeit

Wolken.Heim

Kurzinhalt / Inszenierungsfotos / Team

Erschienen in: Recherchen 143: Ist der Osten anders? – Expertengespräche am Schauspiel Leipzig (04/2019)

Elfriede Jelinek:

Wolken.Heim

Stimmen kreisen. Sie raunen, sie fragen, sie wissen. Bezugspunkt ihres Redens ist, wer und was „wir“ sind, die Deutschen und das Deutsche. Offenbar sind sie seit einiger Zeit schon mit dem Versuch der Beantwortung beschäftigt. Die Stimmen in Wolken.Heim verdichten sich und zerfallen wieder, zu ängstlichen Séancen oder aggressivem Fordern, zu begeisterten Visionen oder vehementer Abwehr.

Elfriede Jelineks Wolken.Heim ist ein großer Textblock ohne jegliche Sprecheraufteilung oder Regieanweisung, dafür aber mit einem schlichten Nachsatz, dass die verwendeten Texte „unter anderem“ von Hölderlin, Hegel, Fichte und Kleist stammen. Das bedeutet einen Rückgriff auf sehr verschiedengestaltige Quellen: Aufsatz, Rede, Lyrik, Drama, Vorlesung. Jelinek verbindet und vereinheitlicht die Genres und Autoren, indem sie alle Zitate auf „Wir“ umformuliert – und in die Aussageform bringt. Abgesehen davon verwendet sie einige der Quellen ansonsten unverändert, andere formuliert sie zudem noch in der ihr üblichen Art und Weise wort- und sprachspielerisch um.

Diese Zitate konstituieren im raschen Wechsel wie ein Teppich den Stücktext; verwebt werden sie durch Passagen jelinekscher Texterfindungen, die sich um das „Wir“ gruppieren und leitmotivisch die Wendung „Wir sind bei uns zuhaus“ variieren.

Der Kontrapunktik der Stimmen und Gedanken in Wolken.Heim entspricht die Vielheit der zitierten Titel: Hegels „Vorlesung über...

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