1.5 Interaktion mit dem Publikum
von Dan Richter
Erschienen in: Improvisationstheater – Die Grundlagen (10/2018)
Improvisationstheater ist heute fast immer interaktiv. Offensichtlich wird dies, wenn die Schauspieler das Publikum nach Vorschlägen oder Vorgaben für eine Szene fragen: Die „vierte Wand“ wird gebrochen. In dieser Situation spielen die Schauspieler keine Rolle, sie sind einfach nur die Schauspieler, die sich mit dem Publikum auf die Improvisation vorbereiten. Der Kunst wird hier der Heiligenschein genommen, die Schauspieler rücken den Zuschauern näher. Sie sind diejenigen, die (stellvertretend für die Zuschauer) das Wagnis der Improvisation eingehen.
Das Publikum wird durch die Vorschläge auch konditioniert, genauer gesagt, das Zuschauen des Publikums wird konditioniert. Als Zuschauer fragen wir uns, ob es den Schauspielern gelingen wird, die Eifersuchts-Szene, wie vorgegeben, komplett gereimt vorzutragen, und dann auch noch an einem Königshof. Umso größer die Freude, wenn es tatsächlich funktioniert. Die Freude verdoppelt sich zudem für diejenigen Zuschauer, die die Vorschläge abgegeben haben, denn ihnen wird ein persönlicher Wunsch erfüllt. Alle Zuschauer sind mit der vorschlagenden Person verbunden. Man wünscht auch diesem einzelnen Zuschauer, dass die Szene gelingen möge. Und wenn die Szene schließlich vorbei ist, gibt es ein kollektives Gefühl, dass sich etwas erfüllt hat, der Kreis hat sich geschlossen.
Nun gibt es aber durchaus Improvisations-Formate, die ganz ohne Publikums-Vorschläge auskommen oder in denen...