Magazin
Geschichten vom Herrn H.: Alle Räder stehen still
von Jakob Hayner
Erschienen in: Theater der Zeit: Work, Bitch – Die Regisseurin Pınar Karabulut (03/2019)
Massenhafte Arbeitsverweigerung, wilde Demonstrationen, politische Diskussionen – das könnte den 8. März dieses Jahres prägen. Dann ist bekanntlich der Weltfrauentag, früher auch Frauenkampftag genannt. Diese Bedeutung kehrt nun zurück. In den letzten Jahren haben Millionen Frauen vor allem in Nord- und Südamerika, Asien und Teilen von Europa gestreikt und demonstriert. Die Forderungen sind einfach und vernünftig: Pflege und Erziehung müssen kollektiv organisiert werden. Es braucht mehr und bessere Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser, Altenheime und in jedem Bereich deutlich mehr Mittel und Personal. Es muss Schluss sein mit ungerechter und schlechter Bezahlung. Und es braucht ein Vorgehen gegen Gewalt im öffentlichen Raum wie auch im häuslichen Umfeld. Die Anzahl der „Ehrenmorde“ und der verharmlosend „Familientragödie“ und „Eifersuchtsdrama“ genannten Tötungen ist erschreckend. Eine weitere Forderung ist körperliche Selbstbestimmung bei Schwangerschaften.
Gerade die Forderungen nach einem Ausbau der öffentlichen Versorgung gehen auf Konfrontation mit der von der deutschen Regierung (egal welcher) verfolgten Strategie in der Wirtschaftskrise, die öffentlichen Ausgaben zu schmälern, die Löhne zu senken oder niedrig zu halten und mit einem immensen Exportüberschuss gnadenlos andere Länder unter Druck zu setzen. Darunter leiden die Menschen, die sich weder Aktienpakete, Eigentumswohnung, Kindermädchen, Haushaltshilfen, Putzkräfte, Privatschulen, Nachhilfelehrer und private Zusatzversicherungen leisten können. Und darunter sind zahlreiche...