Theater der Zeit

Look Out

Der Textwanderer

Der Regisseur Jan Gehler vermisst Stücke, als wären sie Landkarten

von Johanna Lemke

Erschienen in: Theater der Zeit: Thomas Ostermeier und Thomas Oberender: Die Systemfrage – Stadttheater oder freies Arbeiten? Ein Streitgespräch (12/2013)

Es gibt diese Theaterstoffe, die einfach funktionieren. Die einmal klappen – und dann nicht mehr aufhören gut zu laufen. „Tschick“ ist so einer, nach dem Roman des kürzlich verstorbenen Autors Wolfgang Herrndorf. Im November 2011 kam er zum ersten Mal auf eine Theaterbühne, auf die kleinste Spielstätte des Dresdner Staatsschauspiels, ganz oben unterm Dach. Der junge Regisseur Jan Gehler inszenierte den von Robert Koall für die Bühne bearbeiteten Text, mit unfassbarem Erfolg: „Tschick“ lief rauf und runter, wurde auf eine größere Bühne verlegt, lief bis in die Theaterferien hinein mit fast 100 Prozent Auslastung. Und auf einmal wollten so ziemlich alle deutschen Theater dieses Stück machen.

Jan Gehler selbst beschreibt die Arbeit an „Tschick“ wie einen Rausch. Ein Teamspiel mit den Schauspielern Sebastian Wendelin und Benjamin Pauquet sei das gewesen, „wir haben uns einfach gefunden“, sagt er. Die Aufträge folgten auf dem Fuß, Gehler inszenierte in Berlin und München, wieder in Dresden. Der Theaterbetrieb ist eine Krake, die nach jungen Talenten giert. „Ich habe sehr schnell gemerkt: Stopp, das geht zu schnell, das halte ich keine dreißig Jahre durch“, sagt er. Vielleicht war es sein Glück, dass der Intendant Wilfried Schulz ihn fragte, ob er Hausregisseur am Staatsschauspiel Dresden werden...

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