Magazin
Mensch, Bello
Nachruf auf den Schauspieler Dieter Bellmann
von Ralph Oehme
Erschienen in: Theater der Zeit: Theater ist kein Wettrennen – Barbara Frey am Schauspielhaus Zürich (01/2018)
Wir nannten ihn „Bello“; eigentlich ein Hundename, dabei hatte er nichts Hundehaftes: kratzte nicht an Türen und bellte nicht, und nach dem Stöckchen sprang er schon gar nicht. Er war einer von den Wenig-Lauten, aber Entschiedenen, den unauffällig Unbequemen.
Bello machte sich nicht viel aus guten Weinen, Bello war Biertrinker. In den Achtzigern, während der Proben zu „Diener zweier Herren“, wo er als Truffaldino besetzt war, saß er bei uns zu Hause und erzählte von einem seiner ersten West-Gastspiele: „Nach der Vorstellung saß das Ensemble in einer Kneipe, und ich hatte mir ein Bier bestellt, das kam und kam nicht. Ich rastete aus und rief: ‚Wann kommt denn endlich mein Bier?! Das dauert ja länger als in der DDR!‘ Der Wirt trat an unseren Tisch und sagte: ‚Mein Herr, ein Bier muss aufgebaut werden.‘ Ich hab’ mich so geschämt.“
An seinen Truffaldino erinnere ich mich gerne – geschminkt wie ein glückloser Clown, am Hut eine Margerite, verloren zwischen Mülltonnen. Auch als Tschumalow in Müllers „Zement“ hinterließ er bei mir einen bleibenden Eindruck – kraftvoll und zerbrechlich zugleich.
Anfang der Neunziger traf ich ihn in der Innenstadt. In der Hand ein Kehrblech und einen Handfeger, an denen noch die Preisschilder klebten....