Magazin
Linzers Eck: Thalbach & Striese = Shakespeare?
Vom Kurfürsten- zum Schiffbauerdamm: Theater goes Kindergarten
von Martin Linzer
Erschienen in: Theater der Zeit: Übermaß und Aberwitz – Der Schauspieler Bernd Grawert (02/2013)
In meiner Tageszeitung fand ich neulich ein Zitat der von mir nicht nur geschätzten, sondern auch geliebten Schauspielerin/Regisseurin Katharina Thalbach: „Im Alter hat man die Chance, die absolute Anarchie zu erreichen, die man sich vorher nicht so richtig auszuleben traut.“ Nun stehe ich vor der Frage, soll ich mir wünschen, dass die Gute so rasch wie möglich in den verdienten Vorruhestand geht (noch ist sie ja erst süße neunundfünfzig), oder dass sie vor der definitiven Anarchophase noch die Chance ergreift, sich für die Inszenierung von Shakespeares „Was ihr wollt“ (am Berliner Ensemble) zu entschuldigen, etwa indem sie Shakespeare wieder so inszeniert (also etwa wie 1987 den „Macbeth“ in der Schillertheater-Werkstatt), dass sich kein genervter Zuschauer zu einem Eintrag ins Gästebuch animiert fühlt, wie der Besucher, der am 6. Dezember im BE war und schrieb: „Shakespeares Witz bleibt auf der Strecke, kommt Thalbach blödelnd um die Ecke.“
Der geschätzte Kollege in meiner Tageszeitung beschrieb nach der Premiere einen „tobenden Kindergarten am Schiffbauerdamm“. Ich habe, einige Grade moderater, in einer späteren Vorstellung Ähnliches erlebt. Nun kann die von Katharina Thalbach gewählte deftig-grobkörnige Übersetzung (ihres damaligen Lebensgefährten Thomas Brasch) durchaus dazu verführen, die Komik des Textes vordergründig auszuspielen, sie ließe aber m. E....