„Sie werden lachen: es muß systematisch vorgegangen werden“ – Bloch und Brecht
Erschienen in: Recherchen 123: Brecht lesen (06/2016)
Sucht man in den Texten, Arbeitsjournalen und Briefen Brechts nach Spuren seiner Beziehung zu Ernst Bloch und seinem Werk, so ist man erstaunt, wie selten der Name Bloch Erwähnung findet. Immerhin haben beide – Brecht freilich, ohne seine Thesen zu publizieren – in der Debatte über Expressionismus und Realismus ähnliche Positionen vertreten, als sie Fragment, Zerfall und Ungeschlossenheit gegen Georg Lukács, Alfred Kurella und andere als legitime Formmomente moderner Literatur verteidigten; ganz abgesehen von den biographischen Fakten, dem gemeinsamen Marxismus, dem politischen und kulturellen Antifaschismus, von Exil und DDR-Erfahrung hat Bloch nicht wenig zum Verständnis der Brechtschen Verfremdungspraxis und -theorie beigetragen, hat früh vielen die Augen geöffnet für die besondere Qualität Brechtscher Gesänge durch seine zündende Interpretation des Lieds der Jenny aus der Dreigroschenoper, hat sich schon 1930 aufschlussreich zu Mahagonny geäußert. Bloch dechiffrierte Brecht mit einer einprägsamen Formel als „Leninist der Schaubühne“, freilich mit mangelndem Sinn für die abgründige ästhetische Problematik der Lehrstücke.
Umgekehrt erscheint Bloch dagegen in Brechts Schriften kaum, figuriert höchstens als einer der Tuis in den USA-Notizen oder als Empfänger eines Geburtstagsbriefs später in der DDR, als Brecht zweifellos in ihm einen Verbündeten im Kampf gegen bürokratische Bevormundung sah. In diesem Zusammenhang dürfte auch stehen, wenn...