22.2 Neue Formate
Erschienen in: Improvisationstheater – Die Grundlagen (10/2018)
Kurz bevor ich mit meiner ersten Impro-Gruppe regelmäßige Shows aufführte, war ich fest entschlossen, ein eigenes Format zu entwickeln, nur um nicht den damals die Impro-Szene dominierenden Klassiker Theatersport oder Gorilla-Theater120 aufführen zu müssen. Ich hielt es für überaus schlau, das Prinzip von Gorilla-Theater umzudrehen: Das Publikum würde nach jeder Szene abstimmen, und die Spieler mit den wenigsten Punkten würden am Ende „zur Strafe“ eine Solo-Nummer improvisieren müssen. Nach sechs Versuchen strichen wir dieses für niemanden nachvollziehbare Format aus unserem Spiele-Katalog. Ich erkannte damals: Es bringt nicht viel, sich ein Format auszudenken, nur um des Format-Ausdenkens Willen.
Für Impro-Formate sollte man sich drei Fragen stellen:
1) Warum würde ich mir das Format selber gerne anschauen?
Jedes Format sollte als Erstes aus der Sicht des Publikums betrachtet werden. Neue Formate leiden manchmal daran, dass sie zwar die Spieler vor interessante Herausforderungen stellen, diese Herausforderungen aber für den Zuschauer nicht sichtbar oder nicht nachvollziehbarsind. Man fragt sich dann: Warum schaue ich mir das an? Außerdem muss man die Publikumsdynamik im Auge behalten. Wenn man zum Beispiel eine Fortsetzungs-Geschichte an vier aufeinanderfolgenden Abenden improvisieren möchte, sollte man sich fragen, ob man selbst die Stammzuschauer überhaupt dazu bringen kann, wirklich alle vier Shows...