5.4 Körperlich-affektives Assoziieren
von Dan Richter
Erschienen in: Improvisationstheater – Die Grundlagen (10/2018)
So sinnvoll und erleichternd es ist, beim Assoziieren auf die eigenen Erfahrungen zuzugreifen oder sich dabei auf Ähnliches zu besinnen, so wenig hilft uns diese Technik, wenn wir rasch Inhalt produzieren müssen. Und übermäßiges Sich-Besinnen trägt die Gefahr in sich, dass wir zu sehr im Kopf sind statt bei unseren Partnern und der Szene. Improvisierern, die versuchen, auf rein geistige Weise neue Inhalte zu produzieren, merkt man an, dass sie sich gerade etwas ausdenken oder versuchen, sich zu erinnern.
Szenisches Assoziieren funktioniert nämlich weitestgehend affektiv. Wenn wir neue Inhalte erschaffen, sollten wir unsere Körper und unsere Emotionen mit auf Entdeckungsreise nehmen: Was tut meine Figur hier? Was sagt sie als nächstes? Das kann sich manchmal seltsam unsicher anfühlen, da wir ja glauben, die eigene Figur zu kennen. Doch die Herausforderung für uns Improvisierer liegt darin, Unsicherheit zuzulassen und mit dem Publikum auf Entdeckungsreise zu gehen.
Wenn wir innerlich durchlässig bleiben, führt die körperliche Haltung zu einer geistigen Grundhaltung. Zum Beispiel kann ich mich durch straffe Schultern, geraden Rücken und steifes Gebaren in eine konservativ-autoritäre Figur verwandeln. Entscheidend ist aber nun, dass es bei diesem Ausstellen nicht bleibt. Als Improvisierer brauche ich den Zugang zu meiner eigenen emotionalen Welt, das heißt,...