Look Out
Fort Grrrrrl
Das Berliner Kollektiv Henrike Iglesias betreibt humorvoll und explizit feministische Aufklärungsarbeit
von Theresa Schütz
Erschienen in: Theater der Zeit: Umkämpfte Vielfalt – Das Theater und die AfD (04/2019)
Hello from the other side, I must have called a thousand times.“ Wenn Sie diese Liedzeile lesen, haben Sie möglicherweise sofort die Stimme der Sängerin Adele im Ohr. Immer wenn ich nun diese kraftvolle Herzschmerz-Ballade über vergangene Liebesbeziehungen höre, sehe ich Marielle Schavan vor mir, wie sie den Song, über Videokamera vergrößert, von ihrer Vulva schamlippensynchronisieren lässt. In der Performance „Oh My“ von Henrike Iglesias tritt die Frau nicht mit ihrem Verflossenen, sondern buchstäblich mit ihrer eigenen „Scham“ in Dialog. Diese überraschend explizite und humorvolle Umdeutung des Songs gehört zu den denkwürdigsten Szenen meines vergangenen Theaterjahrs.
Bereits seit 2012 – also weit vor den Debatten um #aufschrei und #MeToo und vor den auf die Institution Stadttheater bezogenen Aktivitäten des Vereins Pro Quote Bühne und der Vernetzungsplattform Theater.Frauen – bringt das Kollektiv Henrike Iglesias dezidiert feministische Diskurse, Perspektiven und Darstellungspraktiken auf die Theaterbühnen Deutschlands und der Schweiz. Anna Fries, Laura Naumann, Marielle Schavan und Sophia Schroth haben sich während ihres Studiums in Hildesheim kennengelernt und bilden das queerfeministische Kollektiv Henrike Iglesias, zu dem inzwischen auch Eva G. Alonso (Licht, Video) und Malu Peeters (Sounddesign) zählen.
Die Produktion „I Can Be Your Hero Baby“ (2014) verschränkte „Germany’s Next Topmodel“ mit dem gesellschaftlich...