Figurationen im Film
Bemerkungen zur Durchschnittlichkeit und Gewöhnlichkeit
von Fabienne Liptay
Erschienen in: Recherchen 171: Nebenfiguren (11/2024)
Assoziationen: Wissenschaft Dossier: Bühne & Film
Pré-face
Dies ist ein Versuch, sich dem hierarchischen Gefüge filmischer Figuren nicht aus der Perspektive der Dramaturgie, sondern aus der Perspektive der Figuration anzunähern. Figuration wird hier als Prozess verstanden, in dem Figuren erscheinen und verschwinden, in Beziehung zueinander treten und auseinandergehen, ein plastischer und performativer Prozess der bildlichen Formgebung und Wahrnehmung.1 Körper und Schauspiel, Kostüm und Maske sind hierbei ebenso von Bedeutung wie die Inszenierung, die Aufteilung räumlicher und zeitlicher Sichtbarkeitsverhältnisse durch Lichtsetzung und Kameraführung, das Arrangement der Figuren im Raum und die Dauer ihrer jeweiligen bildlichen Präsenz, aber auch die Routinen der Produktion, die eine ungleiche Behandlung der Schauspieler:innen gemäß der Rangfolge der ihnen attestierten Wichtigkeit vorsehen.
Anders als die Stars erscheinen Nebenfiguren gewöhnlich nicht in Großaufnahme und erst recht nicht im Glamourlicht; sie beleben die Szene im Hintergrund oder an den Rändern des Geschehens und sind deshalb häufig mit der Vorstellung alltäglichen Treibens verbunden, das die Geschicke der Hauptfiguren, von denen die Filme erzählen, vermeintlich überdauert. Ihre Sichtbarkeit ist dem Gebot der Unauffälligkeit unterstellt, aus der sie nur momenthaft oder episodisch heraustreten, was ihnen dann wiederum besondere Prägnanz in der körperlichen Erscheinung und im Spiel abverlangt. Oftmals verlassen sie die Szene, wenn sie ihren dramaturgischen Auftrag...