Kunstprozesse vor Kunstproduktion
In die Zukunft geschrieben
von Adrienne Goehler
Erschienen in: Learning for the Future – Zukunftskonferenz für die Darstellenden Künste (04/2024)
Liebe Akademist:innen,
Während die Biologie eine Generation mit 25 bis 33 Jahren misst, hat sich in der Soziologie eine Definition von Generationen als Alterskohorten von 15 aufeinander folgenden Jahren durchgesetzt. In diesem Zeitraum ändern sich die technischen, wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Bedingungen derartig stark, dass dies nicht ohne Auswirkungen auf die in diesem Zeitraum lebenden Menschen bleibt.
In eurer Generation kumuliert, mit einer großen Gleichzeitigkeit, alles, einfach alles. Einerseits ist diese Gegenwart noch ein gewaltiger Echoraum der Brüche der 2020er Jahre, die die umfassendste Unsicherheit seit dem Zweiten Weltkrieg mit sich brachten. Die erste große Pandemie, die den Alltag bis in alle Poren hinein radikal veränderte; Zwangsstillstand für alles, was als Beziehung selbstverständlich war; der Krieg in Europa, der kein Wegschauen, wie noch bei den Kriegen zuvor, ermöglichte, löste Ängste mit Symptomen auf allen Ebenen aus; die Dürren und Überschwemmungen, die Knappheit an existenziellen Lebensmitteln. All das, begleitet vom Aufbäumen toxischer Männlichkeiten durch Größen- und Allmachtsfantasien, weil sie mit ihren Kränkungen nicht umzugehen wussten ... all das zusammen genommen hat sich in tiefen Spuren in unsere Gegenwart eingeschrieben. Gleichzeitig entstanden völlig unbekannte, noch vor Kurzem unvorstellbare Allianzen zwischen Kunst, Wissenschaft, Bewegungswissen, zwischen Stadt und Land, einer zunehmend neugierigen Wirtschaft, die...