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Hörspiel: Mitlieben, nicht mithasse
von Gerwig Epkes
Erschienen in: Theater der Zeit: Mirco Kreibich: Brüchiger Zeitspieler (06/2014)
Am Beginn denken Verliebte durchaus daran, dass die Liebe zwischen ihnen zu Ende gehen könnte. Aber – sie glauben nicht daran: „Bei uns wird die Liebe kein Ende haben.“ Mitunter hält sie auch lange. Vorzeichen werden ignoriert („Bei uns doch nicht“). Und doch geschieht dann alles, was nie geschehen sollte: Langeweile, Betrug. Geredet wird nicht. Das (Ver-)Schweigen möge die „Normalität“ verlängern und den Schmerz über den Liebesverlust vermeiden helfen. Aber es hilft nichts. Der Schmerz kommt mit Macht nach all dem Betrug. Es folgen die Trennung und dann der Scheidungstermin. Hier setzt Marguerite Duras mit La Musica an. Zum Scheidungstermin treffen sich Anne-Marie und Michel in der Stadt, in der sie lange lebten. Zufälligerweise im selben Hotel. Und sie sprechen miteinander – zum letzten Mal. Und vielleicht, weil Zeit verging und beide keine Themen mehr für gemeinsame Gespräche haben, können/müssen beide zum ersten Mal über ihre gescheiterte Ehe sprechen. Ist Liebe gar nicht möglich?
Klassiker veralten nie. Oder anders gesagt: Es gibt Einsichten, die sind so richtig, aber so schwer zu beherzigen: „Mitlieben, nicht mithassen ist mein Teil“ – aktueller kann ein Satz zurzeit gar nicht sein. Antigone spricht ihn, als König Kreon die Bestattung Polyneikes’ verbietet. Und warum? Weil...