Thema
Anale Phase
Österreichs Künstler und die Polit-Malaise – Ein Land zwischen Ibiza-Skandal und Nationalratswahl
Erschienen in: Theater der Zeit: Miser Felix Austria – Martin Kušej über seinen Start am Burgtheater (09/2019)
Österreich ist so schnell nichts peinlich. Aber im Fall des Ibiza-Videos, das im Mai überraschend die Regierung zu Fall brachte, war es dann doch so weit. Bundespräsident Alexander Van der Bellen entschuldigte sich für den geistig-moralischen Zustand der darin agierenden Politiker mit dem einfachen Satz „So sind wir nicht“. Aber wie sind wir dann? Immerhin handelt es sich bei Heinz-Christian Strache um einen demokratisch gewählten Politiker und niemand Geringeren als den damals amtierenden Vizekanzler. Tausende seiner Fans haben ihm am Tag eins nach Bekanntwerden seiner korrupten Pläne gleich trotzig ihre weitere Unterstützung zugesagt. Das muss die Faszination am Grauen sein. Andererseits war die FPÖ aber auch immer gut darin, sich das Märtyrer-Mäntelchen umzuhängen. Und daran wird die Partei, die sich vornehmlich aus rechtsnational bis rechtsextrem gepolten Burschenschaftern rekrutiert, vermutlich wieder genesen.
Traditionell linksliberal gesinnte Kulturschaffende beißen sich an der FPÖ jedenfalls seit Jahren die Zähne aus. Gegen billigen Populismus ist eben schwer anzukommen. Künstlerinnen und Künstler in Österreich sind aber auch schon müde geworden, sich ideologisch immer wieder gegen eine latent rassistische, mit dem Faschismus liebäugelnde, fremdenfeindliche und frauenverachtende Partei zu positionieren. Von den im Video zutage getretenen Abgründen (Errichtung eines regierungstreuen Pressemonopols, Ausverkauf heimischer Wasservorräte etc.) zeigten sich viele...