Corona hat unseren Wortschatz erheblich erweitert. Begriffe, die vor einem Jahr noch weitgehend unbekannt waren, gehören heute zum Alltagsvokabular. Für Kritiker ist ein ganz spezielles Wort dazugekommen: „Rezensionsbrille“. Selbige liefert der Paketdienst nach Hause, zu Transportzwecken im Kartoninneren gebettet in zerknülltes Weihnachtsgeschenkpapier. Die in solchen Fällen gebräuchliche Blasenfolie hatte Tina Lorenz offenbar nicht vorrätig. Lorenz ist Projektleiterin für digitale Entwicklung am Staatstheater Augsburg und derzeit im Homeoffice. Von dort hat sie ein Presseexemplar des neuesten Home-Entertainment-Angebots ihres Arbeitgebers losgeschickt: eine VR-Brille, die mit einer Filmfassung von David Mamets „Oleanna“ bespielt ist, inszeniert von Axel Sichrovsky.
Die Handhabung ist simpel: Aufsetzen, einschalten und eintauchen in die virtuelle Realität. Da steht man dann – scheinbar – mitten in einer alten Bibliothek, und wer sich nun an seinem realen Standort einmal um sich selbst dreht, sieht nicht das eigene heimische Mobiliar, sondern im 360-Grad-Rundumblick Wände voller Bücherregale. Man meint, den Geruch alter Wälzer wahrzunehmen, spürt die erdrückende Last geballten Wissens. Die Studentin Carol fühlt sich dieser Last ausgeliefert, weshalb sie den Kontakt zu ihrem Professor sucht. Mit trotzigem Willen zur Selbstbehauptung berichtet Katja Sieder als Carol von der Überforderung mit dem Lehrstoff. John, der Professor, zeigt Verständnis, bietet seine Hilfe an, gern auch...