Magazin
Liebes Sommerfestival, wir müssen reden!
Zu Händen: Kampnagel Hamburg
Erschienen in: Theater der Zeit: Deutsche Zustände – Intendanten über ein neues politisches Selbstverständnis (10/2019)
Endlich wieder Du und ich, endlich wieder zwei Vorstellungen pro Abend und heiße Diskussionen im Festival-Avant-Garten! Ach, aber irgendwie ist alles nicht mehr so aufregend, rasant und wild wie früher. Sind wir vielleicht zu lange zusammen? Seit mehreren Jahren schreibe ich über Dich, und schon letztes Jahr hatte ich das Gefühl, dass unsere Liebe etwas erkaltet.
Du hast immer noch die richtig guten Grenzgänger zwischen Theater, Tanz, Performance und Installation bei Dir zu Gast, und ich weiß zu schätzen, dass Du keine schnelle Nummer bist. Du setzt auf langjährige Partnerschaften zu Deinen Künstlern, und das ist großartig. Denn genau das brauchen Künstler in Zeiten unsicherer Finanzierungen und Antragswahnsinn. Aber was sie auch brauchen, sind Gesprächspartner, die Ideen konzeptionell hinterfragen und auseinandernehmen.
Da wäre beispielsweise Rimini Protokoll. Eigentlich bin ich ein Fan der ersten Stunde. Schon als Stefan Kaegi noch in anderer Konstellation unter dem Namen Hygiene Heute arbeitete, konnte ich für diese Art des Theaters ins Schwärmen geraten wie ein Teenie. Aber die ständige Technisierung der Mittel tut seinen Inhalten nicht immer gut. 2018 fuhren wir mit einem Truck zum Thema „Verkehr“ durch die Stadt – mit einem Busfahrer und einer Schülerin als ungleichen Moderatoren, das war schon fad genug....