Als die Theater schließen mussten, war das ein Moment des Innehaltens und der Reflexion? Für die Frage, warum man eigentlich Theater macht? Mitnichten. Wer nicht von Existenzsorgen geplagt wird, ist hektisch am Umdisponieren. Und wer davon verschont wird, schreibt Corona-Tagebuch. Doch wen angesichts der Vorstellung, von einem nach Gegenwartskommentar gierenden Up-to-date-Theater spätestens in der nächsten Spielzeit mit unzähligen Adaptionen von Albert Camus’ „Die Pest“ traktiert zu werden, ein leichtes Grausen befällt, sollte nun zu einem Buch greifen, das ungewollt zur richtigen Zeit kommt. „Spielplan-Änderung! 30 Stücke, die das Theater heute braucht“ lautet der Titel des von Simon Strauß im Tropen-Verlag herausgegebenen Sammelbands. Der Theaterredakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hatte für sein Blatt eine Serie von Artikeln initiiert, die nach Stücken abseits des engen Kanons des derzeit Gespielten fragten. Diese Texte wurden nun lesebuchtauglich auf knapp 250 Seiten veröffentlicht – vorangestellt jeweils ein kurzer Auszug einer Szene des empfohlenen Stücks. So wünscht man es: Das kundige und interessierte Publikum diskutiert über dramatische Literatur.
Die Beiträge von Hans Magnus Enzensberger über Nino Haratischwili, Bernd Stegemann und Sasha Marianna Salzmann bis Dietmar Dath speisen sich allerdings aus einem Unbehagen, gar einer Enttäuschung, wie auch der Herausgeber einleitend erläutert. Das rührt von der mangelnden...