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Film
Nachschub für die Aschemühle
von Ralf Schenk
Erschienen in: Theater der Zeit: Nüchterner Rausch – Der Schauspieler Steven Scharf (04/2013)
In den Arbeiten von Thomas Heise trifft Kunst auf harte Wirklichkeit. Erst kürzlich hatte der Berliner Film- und Theaterregisseur die Möglichkeit, unterstützt vom Goethe-Institut rund drei Monate lang mit mexikanischen Jugendlichen, die wegen Raub, Mord und Entführung verurteilt sind, an einem Bühnenprojekt zu arbeiten. Bei den Proben in Mexiko- Stadt wurden die jungen Männer dazu angeregt, Texte von Brecht und Karl Marx zu analysieren und sie auf ihre eigene Situation zu beziehen. Heise wird aus dem Erlebten einen Film machen, den man gespannt erwarten darf.
Bis es so weit ist, kann seine vorletzte Kinoarbeit besichtigt werden: Gegenwart, Szenen aus dem Alltag eines kleinstädtischen Krematoriums zwischen Heiligabend und Neujahr. Bilder ohne Worte: die eingeübten Produktionsabläufe an Verbrennungsofen und Aschemühle. Heise reflektiert über „die Endlosigkeit, den stetigen Nachschub, dem nicht zu entgehen war, nie eine Pause, niemals Stille, kein Moment, in dem ein Mensch zur Ruhe kommt. Das Offensichtliche, das mit uns geschieht.“ Eine dokumentarische Skizze als Metapher für die Routine des Lebens und Sterbens in der auf Effizienz getrimmten modernen Industriegesellschaft.
„Gegenwart“ ist nur einer von mehreren starken Dokumentarfilmen, die neu in den Kinos zu besichtigen sind. Unbedingt sehenswert: Baselitz von Evelyn Schels, ein emphatisches Porträt des derzeit international bekanntesten...