Magazin
Büchner on air
von Holger Teschke
Erschienen in: Theater der Zeit: Christoph Hein und Ingo Schulze: Rasender Stillstand – Fragen an die deutsche Wirklichkeit (10/2013)
Pünktlich zum 200. Geburtstag Georg Büchners ist sein literarisches Gesamtwerk in einer Hörspieledition des Münchener Hörverlags erschienen, und die versammelt vier bemerkenswerte Aufnahmen. „Dantons Tod“ ist in der Bearbeitung und Regie von Joachim Staritz zu hören, dem Hörspielzauberer des Rundfunks der DDR. Staritz hatte für diese Produktion 1980 ein großes Ensemble engagiert: Dieter Mann als Robespierre, Eberhard Esche als Lacroix, Michael Gwisdek als Camille, Ursula Karusseit als Julie und Günter Zschäckel als Danton. Hier kann man noch einmal hören, wie gegenwärtig Büchner in der DDR war und wie das Politische zur Wirkung gebracht wurde, ohne plakativ oder historisierend zu werden. Die Musik von Reiner Bredemeyer schafft einen ebenso gegenwärtigen Kommentar zu Büchners Text.
Helmut Haruns Hörspielfassung der „Lenz“-Novelle aus dem Jahr 1955 für Radio Bremen ist ebenfalls eine lohnende Wiederentdeckung. Harun hat die Novelle dialogisch aufgelöst und mit Zitaten aus Büchners Stücken und Briefen collagiert, so dass die Produktion, unterstützt durch die Kompositionen von Klaus Blum, ein Netzwerk von Assoziationen schafft, das sich akustisch ebenso dicht wie sprachlich virtuos entfaltet. Hans Paetsch als Sprecher, Günther Dockerill als Lenz, Ludwig Anschütz als Oberlin und Karin Becker als Singende Magd gelingt es, die dramaturgische Komplexität dieses Fragments hörbar zu machen.