Das Interview wurde im Oktober 2014 im Vorfeld der Premiere von Frank Castorfs Inszenierung »Kaputt« nach dem Roman von Curzio Malaparte geführt.
Herr Castorf, Sie inszenieren wieder mal einen moralisch fragwürdigen Autor, den Mussolini-Anhänger Curzio Malaparte. Erst Céline, jetzt Malaparte – müssen es immer diese anrüchigen Dunkelmänner sein?
Das sind Biografien des 20. Jahrhunderts, Rechtsrevolutionäre wie Ernst Jünger, Carl Schmitt, auch Malaparte, der in den zwanziger Jahren Futurist und Faschist war. Nach dem Krieg, in den fünfziger Jahren, wird er Mao-Verehrer und verschenkt seine Villa auf Capri an das chinesische Volk. Er war sicher kein lupenreiner Demokrat und Antifaschist. Aber diese Leute gehören zu unserem kulturellen Background, dessen sollte man sich bewusst sein. Anfang der dreißiger Jahre schreibt Malaparte eine »Technik des Staatsstreichs«, eine Gebrauchsanweisung für Putschisten. Hitler taucht im »Staatsstreich« als kleiner, teigiger Kostgänger Mussolinis auf, da hat ihn Malaparte schwer unterschätzt. Die Nationalsozialisten haben das Buch verbrannt. Es gibt ein berühmtes Foto von Castro, wie er als Guerillero in den Bergen sitzt und die »Technik des Staatsstreichs« liest. Als das Militär 2002 in Venezuela gegen Hugo Chávez putscht, schickt Castro dem Genossen Chávez aus seiner Bibliothek Malapartes »Staatsstreich«, damit er weiß, wie er das beim nächsten Mal verhindert....