Das Theater leben: DIE HANDLUNG
56 Candomblé
von Julian Beck
Erschienen in: Das Theater leben – Der Künstler und der Kampf des Volkes (05/2021)
23. Januar 1971, São Paulo, Brasilien
Centro Espírita de Pai Jerônimo, Rua Mucuri 107. (Bairro do Jabaquara):
Eine Candomblé-Zeremonie im Außenbezirk von São Paulo, das Terreiro befindet sich irgendwo zwischen den ungepflasterten Straßen eines Arbeiterbezirks. Die Leute gehören der Arbeiterklasse an, sie haben viel Geld und Mühe in ihren kleinen Tempel gesteckt. Rechts und links vom Altar stehen zwei Gipsstatuen, die eine zeigt einen „Alten Schwarzen“ Sklaven, die andere einen Caboclo. Die Gemeinde besteht größtenteils aus beider Nachkommen. Der Caboclo trägt einen großen Kopfschmuck aus Federn im Stil der nordamerikanischen Indianer der Plains.
Der „Alte Schwarze“ trägt viele schwere Halsketten, wie es im Schwarz geprägten Bahia üblich ist. Überall weiße Gladiolen (gelb und blau gefärbt) und Rosen (ungefärbt). Der Hintergrund des Altars ist mit knittrigem Goldpapier geschmückt. Die Statuen der Heiligen und das Kruzifix fallen hier größer aus als in den ärmeren Terreiros, aber die Größe der beiden Vorfahren und deren dominante Position künden von einem kulturellen Konflikt.
Für die Zeremonie heute Abend stehen ungefähr fünfunddreißig Menschen als Medien bereit, davon fünfundzwanzig Frauen, die meisten sind älter als dreißig. Sie tragen kunstvolle Baiana-Kostüme.
Jetzt verstehe ich die Krepppapier-Schlangen an den Decken aller Terreiros: Hier ist das Krepppapier...