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Film
In Wüsten und Wäldern
von Ralf Schenk
Erschienen in: Theater der Zeit: Jammer und Glorie – Der Regisseur Krzysztof Warlikowski (12/2014)
Zu den bedeutenden Filmen, mit denen der Wettbewerb von Cannes in diesem Jahr glänzte, gehörte zweifellos Timbuktu des mauretanischen Regisseurs Abderrahmane Sissako. Es ist das Porträt der legendären Oasenstadt Timbuktu, in die arabische Dschihadisten einfallen und das Leben, das bisher von den Regeln eines menschenfreundlichen, toleranten Imam geprägt war, radikal verändern. Der poetische, grausame, aber auch komische und bisweilen schwebend leichte Film fragt danach, was eine solch radikale Veränderung der Lebensumstände aus jenen Menschen macht, die ihr unterworfen sind. Zugleich will er wissen, was in den Köpfen der meist jungen Dschihadisten vorgeht. Natürlich kommt Sissako nicht umhin, auch den Terror zu schildern, so wenn in einem kurzen Moment ein unverheiratetes Paar nach den Gesetzen der Scharia gesteinigt wird. Aber „Timbuktu“ unterwirft sich keinesfalls der lähmenden Angst, sondern führt die Terroristen als grobe, geistig eher unterbelichtete Truppe vor, die sich nicht einig ist über ihr Woher und Wohin, die selbst Fußballstars aus der westlichen Welt anhimmelt und den Koran eher vom Hörensagen als vom ernsthaften Studium kennt. Das Ansinnen des Films ist ein viel größeres, als ein erwartbares naturalistisches Schreckensbild über religiöse Eiferer und ihre Opfer zu skizzieren: Der Humanist Sissako beharrt auf seinen Glauben an die Kraft der Vernunft, die...