Vorwort
von Michael Opitz
Erschienen in: Recherchen 19: Die Insel vor Augen (04/2004)
Ein Buch von Freunden sollte es werden, an eine Festschrift im akademischen Sinne war von Anfang an nicht gedacht. Angefangen hat es mit dem magischen Geburtstagsdatum. Frank Hörnigk würde, so viel wusste ich seit langem, im April 2004 seinen 60. Geburtstag feiern. Mir schien das ein ausreichender Grund zu sein, ihm ein Buch zu schenken, ein Buch, in dem seine Freunde Gelegenheit haben sollten, Gespräche mit Frank fortzusetzen, die seit Jahren dauern, und neue zu beginnen, die noch Zeit brauchen. Es war eine einmalige und verlockende Gelegenheit, mit Frank Dialoge zu führen, und ihn in der Rolle des nur Zuhörers zu wissen.
Um Beiträger für dieses Vorhaben zu finden, mussten keine ausladenden Erklärungen geliefert werden, sondern es ergab sich eine bemerkenswert leichte und uneitle Zusammenarbeit, für die allen zu danken bleibt, die zum Gelingen des Bandes beigetragen haben. Natürlich liegt das an Franks Persönlichkeit, seinem Charme, seiner wissenschaftlichen Kompetenz, seinem Witz, der Neugier und dem Engagement, mit dem er verfolgt, was ihn interessiert.
Dieser selbstlose Freund ist ein Helfer-nicht nur in anarchischer Zeit-, der mit seinem gnadenlosen Optimismus manchmal auch ein Herausforderer ist. Frank lebt weiterhin mit der »halben Maschine« ganz und wandelt dennoch gern in Schwindel erregenden Lebenshöhen - er liebt es, Gefahren zu missachten; wohl auch, weil er Therese an seiner Seite weiß, die ihn hält.
Die Freunde von Frank Hörnigk-Schriftsteller, bildende Künstler, Leute vom Theater, Kollegen und Schüler-waren mit mir einer Meinung, dass ein solches Buch Platz für unterschiedliche Texte bieten müsse, und Harald Müller war sofort von der Idee überzeugt und bereit, sich für dieses Vorhaben zu engagieren, es zu unterstützen und voranzutreiben.
An etwas rein Akademisches war nicht gedacht, weil Franks Wirken als Hochschullehrer, Herausgeber, kritischer Dialogpartner, Anreger und Freund in solch einem Buch nur unzureichend zur Geltung gekommen wäre. Das Buch, das mir vorschwebte, sollte den üblichen Rahmen sprengen und zugleich persönlicher sein.
Die illustre Schar der Beiträger ist den vorgeschlagenen Weg mitgegangen und hat sehr verschiedene Ausdrucksformen gewählt (Texte, Abbildungen, Musik), um anschaulich zu machen, in welchem Gespräch sie sich mit Frank befinden. Es sind Gedichte entstanden, die Frank gewidmet sind (Erstveröffentlichungen von Volker Braun, Holger Teschke und Alexander Stillmark), bildende Künstler haben Drucke bereitgestellt (Arbeiten von Nuria Quevedo, Gerhard Oschatz und Rolf XAGO Schröder), daneben gibt es Briefe und Anekdotisches (u. a. von Annett Gröschner, Joochen Laabs und Joachim Walther) und selbstverständlich Essays und wissenschaftliche Beiträge von Kollegen und Schülern. Selbst Musikalisches ist arrangiert worden: Meinhard Lüning hat mit den New Orleans Hot Peppers eine CD eingespielt.
Das Buch ist ein bunter Strauß, aber nichts Willkürliches; es ist ein persönliches Buch geworden, und das sollte es auch sein. Viele Texte verweisen auf Themen, die zwar mit Frank Hörnigk in einem Zusammenhang stehen, sie bleiben aber nicht auf seine Person beschränkt. Ausgehend von ihm mischen sich diese Texte in den gegenwärtigen Wissenschaftsdiskurs ein und stellen in vielfältiger Weise neue Aspekte zur Diskussion. So wird Zeitgeschichtliches im Kontext von germanistischen Fragestellungen reflektiert, wird Historisches analysiert, werden Themen diskutiert, mit denen sich Frank Hörnigk als Literaturwissenschaftler beschäftigt hat.
Dass sich in dem Buch Texte zu Irmtraud Morgner, Anna Seghers, Brigitte Reimann, Yoko Tawada, Lion Feuchtwanger, Günter Grass, Peter Huchel, Reiner Kunze und natürlich zu Heiner Müller finden, überrascht nicht. Dass Beiträger wie Jost Hermand, Peter Uwe Hohendahl, Heinrich Mohr und Dieter Schlenstedt vertreten sind, ebenso wenig.
Vielen Freunden war es ein Bedürfnis, Persönliches voranzustellen, Frank einen Gruß zu widmen. Für solche Formen der Zwiesprache sollte Platz sein. So wie Frank Hörnigk als Hochschullehrer nichts von einem biederen Akademiker hat, ihn »das« Professorale gerade nicht auszeichnet, hat auch dieses Buch versucht, einen anderen Weg zu beschreiten.
Es bleibt zu hoffen, dass zunächst Frank an dem ihm zugeeigneten Band Freude findet; darüber hinaus möge er Ausgangspunkt für intensive Gespräche und weitere Texte sein, auf die die Beiträger, aber vielleicht nicht nur sie, hoffen.
Berlin, Januar 2004