19.5 Aus der Leere
Erschienen in: Improvisationstheater – Die Grundlagen (10/2018)
So wichtig es ist, Einflüsse aus Kunst, Politik, Wissenschaft und Alltag aufzunehmen, so dürfen wir als Künstler auch nicht vergessen, in uns selbst zu lauschen. Es genügt nicht, sich die inhaltlichen und formalen Bedürfnisse von außen diktieren zu lassen. So wie jedes Musikinstrument seinen eigenen Resonanzraum hat, so bringen auch uns Emotionen, Situationen und Szenen zum „Klingen“.
Kunst bleibt stumpf, wenn sie einer Agenda folgt, die ohne Basis bleibt. Um es konkret zu machen: Wir können Impro-Spiele spielen und dabei reine „Spiel-Spieler“ bleiben. Wir können komplexe Langformate lernen, und dann eben Langform-Experten werden. Wir können Improtheater hehren politischen Idealen widmen und dabei platt wie Propagandisten wirken.
Improvisation muss sich mit dem Innern des Künstlers verbinden, wenn sie ihre Wirkung entfalten soll. Wir müssen in der Lage sein, all das, was uns inspiriert, auf einer bestimmten Ebene auch wieder zu „vergessen“, um im reinen Spielen aufzugehen. Wenn sich die Tennisspielerin vor dem großen Turnier der Technik noch einmal bewusst wird, so muss sie sich, wenn sie auf dem Spielfeld steht, auch wieder von ihr befreien. Ein Konzertpianist hat jahrzehntelang seine Anschlagstechnik verfeinert, aber beim Konzert wollen wir nicht seine Technik erleben, sondern sein freies Spiel.
Wie erreichen wir diesen Zustand, wie...