Das Schweigen herausschreien
von Deniz Ohde
Erschienen in: Zeitgenoss*in Gorki – Zwischenrufe (03/2023)
Das Schweigen auf der Bühne. So lautete der Titel des Interviews, das Arno Widmann vor der Premiere von Streulicht für das Spielzeitheft #22 des Gorki Theaters mit mir geführt hatte. Das war die Frage, die ich mir gestellt habe: Wie soll das Schweigen, das in Streulicht die allergrößte Rolle spielt – das Schweigen in der Familie, das Schweigen angesichts der Ungerechtigkeiten, die der Erzählerin widerfahren, das Schweigen des Orts unter dem Dröhnen des Industrieparks, das Schweigen, in dem die Erzählerin zu verschwinden droht –, wie soll das auf die Bühne kommen?
Ich habe dem Regisseur Nurkan Erpulat und dem Dramaturgen Johannes Kirsten vertraut, dass sie es fürs Theater übersetzen werden. Einer der ersten Momente, in denen ich wusste, dass es funktionieren wird, war der, als ich Wojo van Brouwer habe sprechen hören – „Kannst du noch was sehen?“ – und er die Arme in der Luft schwang in diesem gelben Licht, in dem sich er als Vater und Çiğdem Teke als Mutter in einer Kneipe kennenlernen. Im Licht lag es und in der Tonalität, in der Wojo diesen Satz ausgesprochen hat, den ich mehrere Jahre zuvor aufgeschrieben hatte. Ein weiterer Moment: als Çiğdem Teke diese Bilder brennender Häuser aus...