Erwin Strittmatter gilt heute gemeinhin als eher staatskonformer DDR-Schriftsteller. Dieses Missverständnis konnten seine Werke, vor allem der dritte Band von „Der Wundertäter“ nicht ausräumen, deren antistalinistische Wucht beim Wiederlesen frappiert. Sein Roman „Ole Bienkopp“ (der sozialistische Held als Waldgänger, am Ende von einem Baum erschlagen) wurde 1963 zum Politikum, stand kurz vor dem Verbot. In dieser Zeit der Diffamierungen traf ihn ein schwerer Herzinfarkt, fast wäre er gestorben, hätte ihn das Schicksal seines Ole Bienkopp selber getroffen.
Danach zog er sich immer weiter zurück, mied den ideologischen Kampfplatz, schrieb, was er zu sagen hatte, in seine Bücher, für sie kämpfte er. Wenn Besuch aus Berlin kam, versteckte er sich im Keller von Schulzenhof, um ungestört weiterarbeiten zu können. Mit dem Theaterbetrieb hatte er, der Brecht nahe gewesen war, abgeschlossen. Sein einstiger Übervater ist ihm nun ein „bösartiges Genie“. Rilke bewundert er nicht nur seines Arbeitsethos wegen, Knut Hamsun steht ihm nahe, trotz seines politischen Versagens in der Nazizeit. Wie der alte Mann und große Autor nach dem Krieg zum kollektiven Sündenbock gemacht wurde, widert ihn an. Politik erzeugt in ihm ohnehin von Jahr zu Jahr mehr Widerwillen. Wenn er Benno Besson trifft, dann beneidet er ihn um seinen Schweizer Pass:...