Die Pissigkeit und das Unverwechselbare
Alexander Kluge im Gespräch mit Frank Castorf
von Frank Castorf und Alexander Kluge
Erschienen in: Arbeitsbuch 2016: Castorf (07/2016)
Der Terrorist Sergej Gennadijewitsch Netschajew ließ 1869 Iwan Iwanowitsch Iwanow, ein Mitglied seiner Geheimorganisation Narodnaja Rasprawi, in einem Park ermorden. Dieser Vorfall löste Dostojewskis gigantisches Romanwerk aus: „Die Dämonen – Böse Geister“. Frank Castorf hat den Roman 2000 an seiner Volksbühne inszeniert und den Stoff in einem dreistündigen Film umgesetzt: unverwechselbar und total rücksichtslos. Alexander Kluge sprach in seinem Kulturmagazin „News & Stories“ mit dem Regisseur über dessen Dostojewski-Bearbeitung.
Alexander Kluge: Sie haben einen Film gemacht, „Dämonen“. Wie lang ist der?
Frank Castorf: Drei Stunden.
Wie lange haben Sie daran gedreht?
Zehn Tage.
Da gibt es eine Eingangsszene, eine Totale: Ein Auto fährt durch eine Landschaft und wirbelt Staub auf. Da ist eine Gesellschaft, in einer einzigen Tiefebene, die durch Russland geht, und bei uns in den Niederlanden anfängt.
Das kann man vielleicht mit dem Gefährt nicht erklären. Es macht Spaß, mit wenigen Mitteln etwas zu tun, bei dem man das Gefühl hat, dass man etwas übersetzt, was vielleicht im Theater an die Grenzen des Mediums stößt. Es gibt eine wunderschöne Landschaft, die kurz vor der Ostsee ist, in der Nähe von Güstrow. Da kommt schon der kalte Wind über die See. Man ist auf einem Berg, schaut über endlose...