Magazin
kirschs kontexte: Sekt in der Panoramabar
Ein Ausblick auf die kommende Spielzeit
von Sebastian Kirsch
Erschienen in: Theater der Zeit: Fuck off (09/2015)
Viel wurde im vergangenen Frühjahr um Theater und Eventkultur gestritten, nachdem bekannt geworden war, dass mit Chris Dercon ein Museumsdirektor die Leitung der Volksbühne nach 25 Jahren der Castorf-Intendanz übernehmen soll. Das Schreckbild der Verwandlung der Ensembletheater in „neoliberale Eventbuden“ machte die Runde, wobei in der Debatte, angeheizt von altbewährten Intendanten wie Claus Peymann oder Jürgen Flimm, die Eventbude synonym gesetzt wurde mit freien Produktionshäusern à la HAU. Am Ende lief es auf ein einfaches Für oder Gegen hinaus: Nur wer gegen Dercon ist, so verkündete die durchaus überraschend zusammengesetzte Solidargemeinschaft aus Peymann, Castorf, Flimm, Kušej, Khuon, Lux usw., der ist auch gegen die Auslieferung der Theaterkultur an den Kommerz. Und nur wer entschieden für das Intendantenmodell eintritt, der wird den Ausverkauf verhindern und nebenbei auch noch das Ensembletheater retten.
Bon. Ich bin selbstredend dagegen, dass Schauspielhäuser der Eventkultur überlassen werden. Und wenn es tatsächlich so sein sollte, dass nur das alte Intendantenmodell samt seinen feudalen Wurzeln die öffentlichen Theater gegen die Agenten des Neoliberalismus verteidigen kann, die sich anscheinend im trojanischen Pferd der freien Produktionsstätten verbergen, na dann: Lang lebe der König!
Nun fiel mir das neue Spielzeitheft des Frankfurter Schauspielhauses für die Saison 2015/16 in die Hände. Erwartungsvoll...