Dieses Stück ist etwas aus der Mode geraten, neuere Schauspielführer widmen ihm kaum mehr einen Satz. Gespielt wird es hier und da trotzdem, wie 2014 am Deutschen Theater Berlin mit Corinna Harfouch in der Titelrolle (Regie Stephan Kimmig) oder 2015 am Wiener Burgtheater (Regie Andreas Kriegenburg). Der Regisseur Evgeny Titov, der hier und da für Begeisterung sorgte und im vergangenen Jahr glücklos für die erkrankte Mateja Koležnik bei den Salzburger Festspielen einsprang, inszeniert das müde gewordene Gorki-Stück nun in Wiesbaden. Dort hat er 2018 schon Molières Komödie „Der eingebildete Kranke“ als düstere Parabel in Szene gesetzt. Auch „Wassa Schelesnowa“ begreift er als ausweglos schwarze Geschichte. Leslie Malton, die sich lange nicht auf dem Theater blicken ließ, übernimmt bei ihm die exaltierte Titelrolle. Sie ist eine kerzengerade Wassa Schelesnowa, eine wahrhaft eiserne Lady, die andere eiskalt abserviert und sich wie ein Ausrufungszeichen ins Bild schiebt.
Das Stück, gezeigt wird die erste, vom Regisseur überarbeitete und neu übersetzte Fassung aus dem Jahr 1910, spielt im vorrevolutionären Russland, und die Familie, die Gorki vorführt, ist durch und durch dekadent. Hier ist sich, wie leider wohl fast überall, jeder selbst der Nächste. Mit zuweilen deftiger Fäkalsprache bugsiert Titov das Stück in eine zeitlos unheilvolle...