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Literatur
Vom letzten Wollen und Sagen
von Katrin Schuster
Erschienen in: Theater der Zeit: Jammer und Glorie – Der Regisseur Krzysztof Warlikowski (12/2014)
Man traut sich kaum heran an dieses Buch, schon weil Wolfgang Herrndorf verfügte, man solle Journalisten „mit der Waffe in der Hand“ von seinem Nachlass fernhalten. Der postum publizierte Text – der Titel Bilder deiner großen Liebe stammt noch vom Autor – stellt sich in der Unterzeile als „unvollendeter Roman“ vor. Als Fragment also, wie es der Schriftsteller laut seines Testaments nie veröffentlicht sehen wollte. Das Nachwort der Herausgeber Kathrin Passig und Marcus Gärtner informiert zwar darüber, dass Herrndorf seine Meinung änderte, allerdings ahnt man, woher sein Unbehagen rührte. „Bilder deiner großen Liebe“ ist zweifellos ein echter Herrndorf, jedoch mangelt es just an jener unheimlichen Perfektion, die diesen Schriftsteller nicht zuletzt ausmachte. Herrndorfs dichte Szenen, kristallklare Metaphern, verrückte Poetik: Sie finden sich in „Bilder deiner großen Liebe“ nur als Skizzen, Schemen, Gerüste. Zudem wurde ein alternativer Anfang nicht abgedruckt, der den Roman mit dem Tagebuch der Ich-Erzählerin Isa in eins hätte fallen lassen. Das dürfte nicht nur Literaturwissenschaftler („Germanisten niemals ranlassen“, befiehlt das Testament) schmerzen, sondern auch die Fangemeinde des Autors, schließlich verstrickte sich Herrndorf stets in verzwickte Verwicklungen mit der Metaebene.
Allein, der Roman nimmt ohnehin eine Sonderstellung in Herrndorfs Werk ein. Isa ist darin nämlich keine Unbekannte; bereits...