Das Leben ist ein Pendel: Es schlägt zurück. Oder wie Iwan, der mittlere der drei Brüder Karamasow, sagt: „Ein Reptil verschlingt das andere Reptil. Geschieht beiden recht.“ Er spricht über seinen Vater und den älteren Bruder Dimitri. Nach Nächstenliebe klingt das nicht. Eher klingt es nach Vater- und Brudermord. Doch so, wie es schwer ist, jemanden aus der Nähe zu lieben, ist es auch schwer, fast unmöglich, ihn zu ermorden. Aus der Ferne wird beides leichter: Vaterliebe wie Bruderliebe, Vatermord wie Brudermord. Die Bühne dieses Lebens: ein übermächtiges Paradox. Wir sehen ein die gesamte Bühne einnehmendes Windspiel, gebaut von Annette Kurz. An langen Seilen vom Schnürboden herabhängende metallene Hohlkörper. Wie zweckentfremdete Orgelpfeifen hängen sie da, ziehen einen mattglänzenden Vorhang zwischen uns und die feindliche Welt. Bei jeder noch so flüchtigen Berührung eines durch diesen Stangenwald Hindurchgehenden geraten sie in Bewegung. Sie pendeln. Bei jedem Anstoß geben sie Laut, mal zart, mal hart.
Das Einzige, was auf dieser Bühne niemals in Bewegung gerät, ist eine schwere Glocke. Sie steht zentral wie ein Fingerzeig auf Schiller, der Dostojewski bekanntlich wie kein Zweiter geprägt hat. Manchmal schwingt sich jemand auf sie. Aber ebenso könnte man versuchen, sein Schicksal zu retten. Die Glocke bleibt...