Versuch über Fatzer
Erschienen in: Recherchen 123: Brecht lesen (06/2016)
Fatzer sollte die Geschichte von vier Deserteuren erzählen, die 1918 in Mülheim an der Ruhr untertauchen. Sie warten und hoffen auf die Revolution, geraten bei ihren Versuchen, sich im Untergrund Nahrung zu verschaffen, und auch über andere Fragen in Konflikte untereinander und werden – so scheint es nach den Skizzen für den Schluss – am Ende aufgespürt und getötet.
Einer der vier ist Johann Fatzer, einerseits der „findigste“, andererseits radikaler Egoist. Die eine Eigenschaft ermutigt und stärkt das kleine Kollektiv, die andere führt die Spaltung der Gruppe herbei, die Fatzer am Ende liquidieren will. Dieser verstrickt sich bei seinen Versuchen, für die anderen Proviant herbeizuschaffen, in der Stadt in tätliche Auseinandersetzungen, die die Gruppe, die unentdeckt bleiben muss, in Gefahr bringen. Als er zusammengeschlagen wird, helfen ihm die drei anderen nicht, sondern tun so, als kennten sie ihn nicht.
Fatzer blieb ein Fetzen. Brechts Arbeit an diesem Projekt zwischen 1926 und 1931 führte nicht zu einem Stück. In dieser Zeit schrieb er jedoch Lehrstücke, zumal Die Maßnahme, schrieb Die heilige Johanna der Schlachthöfe, Mahagonny und anderes. Diese Stücke waren, und das unterscheidet sie vom Fatzer-Versuch, zu vollenden. Im Fatzer aber, das kann die Textanalyse zeigen, verständigte Brecht sich in solcher...