Guy Montag will sich aus den Fängen einer Feuerwehr, die Bücher verbrennt, statt Brände zu löschen, befreien. Seine Frau Mildred hingegen nicht. Sie erstickt ihre Gewissensbisse im Luxus. In Ray Bradburys dystopischem Roman „Fahrenheit 451“ aus dem Jahr 1953 findet der Regisseur Wilke Weermann viel von der Lebenshaltung seiner Generation wieder. „Der Trend zu Landlust und anderen Wohlfühlfluchten ist bedenklich“, sagt der 25-Jährige, der die politische Krise der Gegenwart mit Sorge verfolgt. Ums Bauchgefühl allein dürfe es keinem mehr gehen. Deshalb bezieht er in seinen Arbeiten deutlich Position. In Bradburys Text fügt Weermann eigene Passagen ein, die seine Sicht spiegeln: „Es ist kein Zufall, dass eine Gesellschaft, die alles wegwirft, nachdem sie es benutzt hat, eine Gesellschaft der Einwegtaschentücher, auch eine Gesellschaft ist, die sich nicht erinnern mag.“ Diese Geschichtslosigkeit macht ihm Angst.
Mit seiner Inszenierung des modernen Klassikers „Fahrenheit 451“ am Schauspiel Nord des Staatstheaters in Stuttgart führt Weermann den Zuschauern ihre Ignoranz vor Augen. Sie tragen Funkkopfhörer, aus denen seichter Jazz der fünfziger Jahre ertönt. Zugleich spielen sich auf der Puppenheimbühne von Johanna Stenzel düstere Szenen ab. Die Sprache ist von den Körpern getrennt, die Menschen verlieren ihre Stimmen. Texte werden über Mikrofone eingespielt. Mit dieser Theatersprache fordert...