Gespräch
Sechs Jahre anders
Gordana Vnuk im Interview mit Amelie Deuflhard
von Amelie Deuflhard und Gordana Vnuk
Erschienen in: Kampnagel Hamburg. 40 Jahre Widerspruch – Workbook zum Jubiläum (07/2024)
Was treibt dich aktuell um?
In meinem Alter ist es an der Zeit, eine Bestandsaufnahme des Lebens zu machen. Dafür möchte ich Walter Benjamin paraphrasieren: Damit ein Teil der Vergangenheit vom gegenwärtigen Moment berührt wird, darf es keine Kontinuität zwischen ihnen geben. Der Kampf gegen kulturelle Amnesie muss im Namen der Diskontinuität geführt werden. Nicht für die Modernisierung der Vergangenheit, denn diese würde wieder nur kosmetische Kontinuität bedeuten, sondern für die Brechtsche Historisierung. Damit meine ich, dass das Kampnagel-Jubiläums-Buch, wenn es lyrisch oder episch entsprechend verpackt ist, nicht auch eine Warnung an die Gegenwart enthalten sollte, denn die Welt fängt nicht mit der Gegenwart an und sie sollte auf das verweisen, was vor ihr war. In diesem Zusammenhang beschäftige ich mich derzeit mit dem Erbe von Eurokaz, einem Festival des neuen Theaters in Zagreb, das ich 1987 gegründet und bis 2013 geleitet habe. Eurokaz hat ganze Generationen von Theatermachern in Kroatien und der Region ernsthaft berührt und war sicherlich mein Lebensprojekt. Letztes Jahr haben wir eine Monografie veröffentlicht, die auf all die Kontroversen hinweisen wollte, die den Kampf um die Zukunft der Theatersprache begleiteten. Wir digitalisieren jetzt das Archiv.
Wie hast du Kampnagel vorgefunden, als du 2001 hier angefangen hast?...