Gibt es das perfekte Abbild einer Inszenierung
von Karen Stuke
Erschienen in: Gottfried Pilz – Bühne Kostüm Regie (09/2024)
Assoziationen: Gottfried Pilz
Alle möchten etwas anderes im Bild entdecken: Regieführende nehmen ihre Konzeptidee wahr, Bühnenbildnerinnen und Bühnenbildner die Bühne und die Protagonistinnen und Protagonisten möchten gut wirken. Mich interessierte hingegen schon immer das Gesamtgeschehen. Auf der Suche nach dem Anderen, dem absoluten Theaterfoto, dem Bild, das alles in sich vereint, kam ich fast zwangsläufig zu dem anachronistisch langsamen Instrument, das dies ermöglicht: der Camera obscura!
So belichte ich seit 1994 das jeweils gesamte Theaterstück auf einem einzigen Bild mit einer Lochkamera. Die Belichtungszeit des Negativs entspricht exakt der Dauer der ganzen Inszenierung. Für mich ist es wichtig, diese Zeit letztlich nicht beeinflussen zu können. Es ist also eine Belichtungszeit, auf die ich keinen Einfluss nehme, da sie von mir selbst konzeptionell festgelegt ist.
Für mein Diplom Anfang 1999 fotografierte ich »Hoffmanns Erzählungen « an der Oper Köln, »Clara« an der Opéra Comique, Paris, und »St. François d’Assise« an der Oper Leipzig. Seitdem habe ich Gottfrieds Bühnen weltweit an verschiedenen Theatern fotografiert und somit festgehalten.
Im Grunde war ich anfangs nicht sicher, ob die Idee im Sinne des Bildschaffenden Pilz war. Schließlich ist diese Form der Fotografie keine dokumentarische, sondern eher verfremdend. Dennoch hebt die Camera-obscura-Fotografie trotz ihrer Abstraktheit auf gewisse Weise das...