Backstage
von Anne Fritsch
Erschienen in: Theater unser – Wie die Passionsspiele Oberammergau den Ort verändern und die Welt bewegen (04/2022)
Aus dem Zuschauerraum betrachtet, sind die Passionsspiele ein überwältigendes Theaterspektakel, das angesichts der vielen Unwägbarkeiten (meist) fast unheimlich perfekt über die Bühne geht. Zumindest bei der Premiere 2010 ging trotz all der Erwachsenen, Kinder, Tiere und technischen Herausforderungen nichts schief. (Jedenfalls nichts, was mir aufgefallen wäre.) Das Theater aber, das sich hinter den Kulissen abspielt, ist ein anderes: Da fällt im Gespräch mit allen möglichen Beteiligten auffallend oft das Wort „Schabernack“. Von den einen amüsiert, vom anderen (Christian Stückl) nicht ganz so amüsiert. Die Kinder sind dabei übrigens eher harmlos im Vergleich zu den Großen.
Bei den Lebenden Bildern stehen wohl regelmäßig Unbeteiligte in den Gassen und versuchen, die Spielenden zum Lachen zu bringen, während die still in ihrer Position ausharren müssen. Da wird schon mal Tinte in Pilatus’ Händewaschwasser gemischt, damit er plötzlich mit blauen Händen dasteht, oder Schnaps in den Abendmahlwein gegossen. „Da passiert viel Unfug“, erzählt mir Christian Stückl. „Einmal haben sie auf die Rolle mit dem Todesurteil eine nackte Frau über den Text geklebt. Da ist aufgeflogen, dass der Junge, der das verkündet, den Text nie auswendig gelernt, sondern immer abgelesen hat. Das fällt einem beim Proben ja gar nicht auf. Der war so geschockt, der...