Drei Großbuchstaben und ein Punkt reichen für die Botschaft: NEU. Ob das anders oder besser bedeuten soll, wird nicht versprochen. Doch in Göttingen, wo das schlichte Plakat mit den schwarzen Majuskeln für den Saisonstart am Deutschen Theater (DT) wirbt, vermag bereits die Aussicht auf Neues zu verlocken. Anderthalb Jahrzehnte lang hat Mark Zurmühle das traditionsreiche Haus am Wall geleitet. Durchaus erfolgreich zwar, aber mit stetig wachsenden Schwierigkeiten, immer wieder Neugier zu wecken. Ermüdungserscheinungen einer langen Intendanz.
Nun also: NEU. Mit dieser Spielzeit hat Zurmühles Nachfolger sein Amt angetreten: Erich Sidler, 49 Jahre alt, aus Luzern stammend, ein streitbarer Theatermacher, dessen Vita der Hoffnung auf einen echten Neustart Nahrung gibt. Von 2007 bis 2012 war er Schauspielchef am Stadttheater Bern, hat dort, wo bis dahin nicht eben Experimentierfreude herrschte, eine neue Spielstätte mitten im Industriegebiet etabliert und mit jungen Regisseuren und neuen Stücken so viel Zuspruch geerntet, dass die Zuschauerzahlen deutlich stiegen. Gleichzeitig ist er kein Revolutionär: Dekonstruktion, Verfremdung oder „absurde neue Formen“, wie er sagt, interessieren ihn nicht. Was Sidler will, ist erzählen – und berühren. „Menschen brauchen Geschichten“, findet er, „um sich zu verstehen, um das Leben zu verstehen.“ Das mag klassisch klingen, geradezu einfach. Doch schon mit seiner...