Magazin

Die Schönheit im Scheitern

Zum Tod des Regisseurs Jarg Pataki

Erschienen in: Theater der Zeit: Es ist ein Kreuz – Ein Schwerpunkt zur Bundestagswahl mit Luna Ali, Annekatrin Klepsch und Aladin El-Mafaalani (09/2021)

Zwanzig Jahre waren wir ein künstlerisches Team und Freunde. Jarg Patakis Tod war jäh, zufällig und zu früh. Eine Nähe zu Vergänglichkeit und Tod war immer zu spüren bei ihm, so wie ein Fremdsein im Leben, in dem die Mehrheit sich eingerichtet hat. Daraus speisten sich seine Kraft, seine Hellsichtigkeit und seine Poesie als Künstler.

Jarg träumte irrwitzige Bilder und brachte sie auf die Bühne, er komponierte mit Sprache und mit Gesten. Als junger Erwachsener stieß er eher unvorbereitet auf die Geschichte, die Auslöschung seiner jüdischen Familie, suchte seither nach Spuren. Realismus auf der Bühne war ihm fern. Er verdichtete, fand Metaphern. Oft erzählten seine Inszenierungen von großen Lebensbögen in seltsamen Kosmen, vom „Irren und Streben“ und vom Scheitern, bei dem sich etwas Schönes ereignen kann (wie in „Wilhelm Meister“ 2005 in Hannover, Kafkas „Process“ und „Peer Gynt“ 2008 oder Kiran Nagarkars „Gottes kleiner Krieger“ 2013 in Freiburg).

Unsere Zusammenarbeit begann 1999 am Luzerner Theater mit Philippe Minyanas „Das Totenhaus“, einer Inszenierung für Schauspielerinnen, Schauspieler und lebensgroße Puppen. Diese Geschichte einer Putzfrau, die genau 127 Jahre alt wird und alle sozialen Deformationen in ihrem Körper internalisiert, bekam die Dimension einer klassischen Tragödie – eine wundersame Puppenstube, bei der eine unerbittliche...

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