Regionalität sollte nicht mit Provinzialität verwechselt werden. Eine sächsische Kulturraumbühne wie das Deutsch-Sorbische Volkstheater Bautzen hat in der jüngsten Vergangenheit gezeigt, dass sie Gegenwartsthemen ambitioniert aufgreifen kann, ohne im hausbackenen Folklorismus steckenzubleiben. „Mein vermessenes Land“ von Jurij Koch und Oliver Bukowskis „Birkenbiegen“ bearbeiteten den Kohlefraß am Sorbenland beziehungsweise Abwanderung und Strukturwandel in der Lausitz. So gesehen konnte man von den „Lausitzer Quartieren“ so etwas wie ein Lausitzer Nationalepos erwarten. Ein Stück, das den gleich von drei Bühnen in Cottbus, Senftenberg und Bautzen ausgeschriebenen Theaterpreis Lausitzen gewinnt, kann wohl kaum danebenliegen. Überdies verspricht es einen weiten Bogen über zweihundert Jahre Regionalgeschichte zu schlagen.
Doch gerade an der großen illustrierten Lausitzgeschichte verschluckt sich der im Bautzener Haus gut bekannte und erfahrene Leipziger Autor Ralph Oehme. An der Idee, am Plot gibt es eigentlich nichts zu meckern. Der Autor stellt ein und dieselbe fiktive Vater-Mutter-Kind-Familie in vier historische Umbruchzeiten. Er lässt sie arbeiten, feiern, leiden, politisch umherirren und überleben. 1815 bezahlen sie in der Lausitz für die sächsische Paktiererei mit Napoleon mit der Abtretung schlesischer Gebiete an Preußen. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges beißen sich die Arbeiter-und-Soldaten-Räte am sorbischen Nationalismus die Zähne aus.
1945 gilt es, sich flugs mit den sowjetischen Besatzern...