Lucas ist der Anfang und das Ende. In immer neuen Identitäten ist von ihm die Rede: als kleiner Junge, als Geliebter, als Gastgeber. Dabei bleibt eines immer gleich: Lucas ist abwesend. Wie Becketts Godot taucht er kein einziges Mal auf der Bühne auf. Zwei Frauen, deren Rollen genauso unklar sind wie die von Lucas, erzählen von ihm. Sie sind jung oder alt, Schwester oder Geliebte. Sieben Mal rollen sie in ebenso vielen Szenen in dem in der Nebenspielstätte emma-theater uraufgeführten Stück „Lucas and Time“ dessen Geschichte neu auf.
Die in Griechenland geborene und auf Englisch schreibende Autorin Niki Orfanou wurde zu ihrem Stück von Ted Hughes’ Gedicht „Besuch“ inspiriert. Darin schreibt der englische Schriftsteller über seine Ehefrau, die Dichterin Sylvia Plath, die erst berühmt wurde, nachdem sie sich 1963 umgebracht hatte. Hughes hatte sie betrogen und sie und die beiden gemeinsamen Kinder verlassen.
Das Gedicht beginnt mit den Worten: „Mein Freund Lucas, einer / Von dreien oder vieren, die sich gleich bleiben / Wie Einsiedler / Ein Fels im Flussbett / An dem sich jede Strömung bricht.“ Orfanou greift diesen Einstieg auf und vertauscht so die Rollen. Nun erzählt nicht mehr ein Mann von seiner Frau, sondern umgekehrt erzählen zwei...