Magazin
Geschichten vom Herrn H.: NSU – und kein Ende
von Jakob Hayner
Erschienen in: Theater der Zeit: Haus Rotes Wunder – Die neue Potsdamer Intendantin Bettina Jahnke (11/2018)
Das Publikum sitzt gespannt in Reihen, vorne die Bühne, Auftritt der Darsteller, teils in Kostümen – ist das Theater? Nein, ein Gerichtsprozess. Gericht und Theater sind nicht unähnlich, in beiden werden öffentlich die gesellschaftlich verbindlichen Normen verhandelt. Nun ist kürzlich der in Deutschland wichtigste Prozess der letzten Jahre zu Ende gegangen. Angeklagt waren fünf Personen, an den Taten des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) beteiligt gewesen zu sein. Zehn Morde, zwei Sprengstoffanschläge, 15 Raubüberfälle. Der NSU hatte gezielt Migranten erschossen, und zwar mit ein und derselben Waffe, der Zusammenhang sollte auffallen. Die Polizei bemerkte freilich nichts und ermittelte gegen die Familien der Opfer. Die wiederum organisierten, von der Öffentlichkeit weitgehend ignoriert, eine Demonstration mit Tausenden Teilnehmern unter dem Titel „Kein zehntes Opfer!“. Das war fünf Jahre vor der Selbstenttarnung des NSU am 4. November 2011, die sich nun zum siebten Mal jährt.
Vollständige Aufklärung, das versprach Bundeskanzlerin Angela Merkel. Als bekannt wurde, dass der Verfassungsschutz (VS) den NSU sorgfältig beobachtet und dessen Umfeld mit V-Leuten besetzt hatte (von denen bis heute nicht einmal alle bekannt sind), wurde die Leitung des Bundesamtes neu besetzt, ein gewisser Herr Maaßen übernahm die Geschäfte – ohne freilich die Geschäftsgrundlage zu ändern. In der „Operation Konfetti“ wurden...