Theater der Zeit

Zeitleiste

Momente eines Umbruchs

Erschienen in: Recherchen 124: Du weißt ja nicht, was die Zukunft bringt – Die Expertengespräche zu „Die Schutzflehenden / Die Schutzbefohlenen“ am Schauspiel Leipzig (10/2016)

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Mehr als eine Million Menschen versuchen im Laufe des Jahres 2015 über das Mittelmeer in die EU zu gelangen. Überfordert von der großen Zahl, leiten Griechenland und Italien einen Teil der Flüchtlinge ohne Registrierung nach Nordeuropa weiter.

Die EU findet nicht zu einer gemeinsamen Politik in der Krise. Verwaltungen erreichen die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit, die Öffentlichkeit polarisiert sich. Sowohl freiwillige Helfer als auch rabiate Gegner jeder Zuwanderung finden Zulauf.

21. August 2015

Im sächsischen Heidenau versucht rechter Mob, den Bezug einer Notunterkunft für Flüchtlinge zu verhindern. 31 Polizisten werden verletzt.

Ende August 2015

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wendet das „Dublin-Verfahren“ auf syrische Flüchtlinge nicht mehr an.

31. August 2015

In der Bundespressekonferenz sagt Angela Merkel zur Flüchtlingskrise: „Wir schaffen das.“

2. September 2015

Der Syrer kurdischer Abstammung Aylan Kurdi, geboren 2012, ertrinkt nach dem Kentern eines Schlepperbootes im Mittelmeer. Das Bild des toten Jungen am Strand geht um die Welt.

Die Aufnahmen stammen von der türkischen Fotografin Nilüfer Demir: „Ich wollte den verstummten Schrei des Jungen hörbar machen.“

4. September 2015

Angela Merkel entscheidet, Flüchtlingen, die an der österreichisch-ungarischen Grenze und in Budapest festsitzen, die Einreise nach Deutschland ohne vorherige Registrierung in Ungarn zu gestatten.

13. September 2015

Deutschland führt wieder Kontrollen an der Grenze zu Österreich ein.

22. September 2015

In einer Sitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sagt Angela Merkel nach heftiger Kritik an ihrer Flüchtlingspolitik: „Ist mir egal, ob ich schuld am Zustrom der Flüchtlinge bin, nun sind sie halt da.“

25. Oktober 2015

Auf einem Sondergipfel beschließen die Staats- und Regierungschefs der EU einen „17-Punkte-Plan“ mit Sofortmaßnahmen zur Reduzierung der Flüchtlingszahlen auf der Balkanroute.

13. November 2015

Islamistische Terroristen morden und bomben in Paris und Saint-Denis: 130 Tote, 350 Verletzte.

Ende November 2015

Die Zustände vor dem Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) sind seit Wochen unerträglich. Hunderte Flüchtlinge warten täglich unter freiem Himmel auf die Registrierung und Bearbeitung ihres Falls.

Dezember 2015

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat 2015 in Deutschland 1 091 894 Asylsuchende registriert. 476 649 Asylanträge wurden gestellt, 282 726 Asylanträge entschieden.

31. Dezember 2015

Rund um den Kölner Hauptbahnhof belästigen, begrabschen und bestehlen überwiegend junge Männer aus Marokko, Algerien, Syrien und Deutschland Hunderte Frauen. In den folgenden Tagen und Wochen gehen weit über 1100 Strafanzeigen ein.

Alice Schwarzer kommentiert am 5. Januar 2016: „Diese jungen Männer sind das triste Produkt einer gescheiterten, ja nie auch nur wirklich angestrebten Integration. Sie sind das Produkt einer falschen Toleranz, in der fast alle – Menschen, Medien, Kirchen und Politik – unsere Demokratie, unseren Rechtsstaat, unsere Gleichberechtigung infrage stellen, ja mit Füßen haben treten lassen, zugunsten „anderer Sitten“ bzw. einer ominösen „Religionsfreiheit“ – in deren Namen man Parallelwelten entstehen ließ und nicht auf Integration bestand. Als hätte dieser Fanatismus etwas mit Glauben zu tun.“

11. Januar 2016

Das Bundeskriminalamt hat im vergangenen Jahr 924 Straftaten gegen Flüchtlingsheime gezählt.

29. Februar 2016

Mit Blick auf die Vorkommnisse in Clausnitz und Bautzen sagt der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich im Dresdner Landtag im Rahmen einer Regierungserklärung, Sachsen habe ein Problem mit Rechtsextremismus, und es sei größer, als viele – auch er selbst – es hätten wahrhaben wollen.

18. März 2016

EU-Türkei-Abkommen

Der EU-Ratspräsident Donald Tusk erklärt: „Die Tage irregulärer Einwanderung sind vorüber.“

Ab 20. März 2016

Flüchtlinge, die auf den griechischen Inseln ankommen, werden in Hotspots gebracht und dort festgehalten, Menschen ohne Asylgrund sollen in die Türkei gebracht werden.

April 2016

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat seit Januar 240 126 Erstanträge auf Asyl entgegengenommen, im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg um 138 Prozent.

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