Thema
Kunst ist Kunst
Theater mit Behinderten
von Thomas Thieme
Erschienen in: Theater der Zeit: Auftreten und leuchten – Gisela Höhne und das Theater RambaZamba (04/2014)
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Der Einstieg in das komplexe Thema, an dem ich mich hier als ausgewiesener Nichtfachmann beteiligen soll, gelingt mir am besten über Julia Häusermann.
Ich hatte bis zu dem Tag, an dem ich Julia Häusermann und HORA beim Berliner Theatertreffen sah, praktisch nichts über das Theater der Behinderten (oder wie auch immer man es nennt, nennen darf, nicht nennen darf, nennen soll – das ist, wie bei vielen Begriffen, die uns in tiefe Unsicherheit stürzen, ein heikles Terrain) gewusst. Ich hatte auch nur ein-, zweimal etwas gesehen (als in Berlin Wohnender natürlich RambaZamba). Ich war – wie wohl jede fühlende Brust – berührt und voller Anerkennung.
Bei HORA sollte ich nun eine Meinung, gar ein Urteil äußern. Das Besondere an der konkreten Aufgabenstellung war, dass die Produktion von HORA zusammen mit neun deutschsprachigen Aufführungen von Stadt- und Staatstheatern zur Wahl stand. Die Aufforderung lautete, aus dem Gesamtensemble der Schauspieler und Schauspielerinnen des Theatertreffens 2013 einen auffälligen Nachwuchskünstler zu benennen. Es gab von niemandem einen begleitenden Kommentar zum Auftritt von HORA. Wenn es Nachwuchs heißt, sollte es Nachwuchs sein: Ich habe mir bei ungefähr Anfang dreißig selbst ein Limit gesetzt. Diese albernen Nachwuchsprämien für Leute um die vierzig wollte ich nicht....