Als im März des Jahres 2020 die COVID-19-Pandemie über Europa hereinbrach, waren die plötzlichen Einschränkungen des privaten und des öffentlichen Lebens brachial und allumfassend. Die gesundheitliche Notlage war zugleich auch eine Krise, die ins Herz der gesamten Aufführungs- und Veranstaltungskultur traf: In zahlreichen Ländern schlossen die Theater, Kinos und Konzertsäle ohne absehbare baldige Wiedereröffnung ihre Pforten,1 Live-Veranstaltungen wurden abgesagt. Statt in Toilettenschlangen in der Pause, beim Rauchen vor Konzerthallen und in Bars begegnete man sich nun auf 1,5-Meter-Distanz und schaute im Internet bei Quarantäne-Konzerten und Zoom-Lesungen zu. Zeitgleich entstanden vollkommen neue Aufführungsformen, die in den sozialen Medien um die Welt gingen: Opernsänger*innen, die auf Stadtbalkonen ihre Arien den Nachbarn zum Besten geben, DJs, die auf Dächern ihre Sets auflegen, Familien, die auf YouTube ironische Fitness- oder Musical-Videos posten. Während viele große Theaterhäuser zunächst auf das Streaming aufgezeichneter Produktionen setzten, fand bereits eine spürbare Theatralisierung des Contents auf Plattformen wie YouTube oder TikTok statt. Erst nach und nach wurden auch von den Spielstätten neue digitale, hybride und analoge Formate entwickelt, die sich trotz Shutdown und Hygiene-Maßnahmen realisieren ließen. Es wurden neue Formen digitaler Zuschauerpartizipation ins Leben gerufen, Stücke auf Instagram oder als Drive Through im Parkhaus inszeniert oder VRBrillen an...