Im Gerichtswesen darf der Urteilende wegen Befangenheit von einem Fall ablassen. Diese Befangenheit möchte auch der Rezensent anmelden. Nicht um abzulassen, aber doch um zu gestehen, dass er die Autorin Kerstin Decker manchmal einfach nicht versteht. Die Sätze bleiben ihm verschlossen, gerade dort, wo sie luzide sein sollen. „Euripides habe den Zuschauer auf die Bühne gebracht. Was Nietzsche meint, ist klar: In der attischen Komödie sieht das Volk sich selbst beim Volksein zu. Wir späteren haben dafür das Fernsehen. Die Programme erklären sich aus dem Umstand, dass alles geschehen darf, nur eines niemals: Nie darf das Volk in den Ruf ausbrechen: Das bin ich ja gar nicht!“ Angesichts solcher Aussagen ist der Rezensent komplett überfordert. Es beginnt damit, dass er keinen Fernseher hat. Auch widerstrebt es ihm zutiefst, zwischen der Kategorie des Zuschauers und der Entität des Volkes ein Gleichheitszeichen zu setzen. Auch weiß er nicht, was das Volk sagt, und ging bis heute davon aus, dass es von sich im Plural spricht. Etwas mehr Kompetenz traut er sich zu, wenn Kerstin Decker den Wunsch nach einer „großen Renaissance“ deutet, „in welcher Platon den Homer umarmt“. Nun ist damit kaum gemeint, dass der „alte Schlachtenberichterstatter“ ganz „ideensinnig“ wird, sondern dass...