Wandelnde Formen von Kapital innerhalb der Kulturförderung
von Julius Heinicke
Erschienen in: Recherchen 148: Sorge um das Offene – Verhandlungen von Vielfalt im und mit Theater (05/2019)
Kultur stellt nicht nur eine Form von Kapital im Sinne Pierre Bourdieus dar,266 sondern sie wird in Form von Kunst in der Geschichte des Abendlandes immer wieder als Währung gehandelt. In Der Preis des Geldes: Eine Kulturgeschichte267 widmet sich Christina von Braun in einem kurzen Exkurs dem besonderen Verhältnis zwischen Kunst und Geld. Insbesondere in der Figur des Sammlers sieht sie Parallelen zu den Akteuren der Finanzwirtschaft der letzten Jahrzehnte:
Mit der Zentrierung auf das Selbst präfiguriert der Sammler die Gestalt des Unternehmers, der mit der freien Marktwirtschaft zur Leitfigur der Ökonomie wird. […] Auf der anderen Seite sind Sammler aber auch Asketen – vergleichbar Max Webers Kapitalisten, die im Zeichen protestantischer Ethik handeln: Die Sammler verzichten auf ‚Genüsse‘, die ihnen das Geld verschaffen könnten, zugunsten der Investitionen in die immateriellen Genüsse von Kunstwerken.268
Nun sei dahingestellt, ob ein Theaterabend ein Genuss ist oder nicht, doch wird ersichtlich, inwieweit Kunst im Sinne der Ökonomie funktioniert. Das Sammeln von Kunstwerken ist im Kontext des Abendlandes auch zu verstehen als ein Bedürfnis, der Flüchtigkeit oder auch Abstraktion des Kapitals einen kulturellen Wert – ein Stück weit im Sinne von Bourdieus kulturellem Kapital – entgegenzuhalten. Von Braun argumentiert ferner, dass...