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Kunst: Das Leben ist eine rebellische Tat
Erschienen in: Theater der Zeit: Auftreten und leuchten – Gisela Höhne und das Theater RambaZamba (04/2014)
Mauricio Dias (geb. 1964) und Walter Riedweg (geb. 1955) sind ein bemerkenswertes Künstlerpaar. Ihre Begegnung vor 20 Jahren in Basel war folgenreich für die Zusammenarbeit des aus Rio de Janeiro stammenden Künstlers und des Musikers aus Luzern. In ihrer ersten gemeinsamen Aktion in Rio de Janeiro nahmen sie Wachsabgüsse von Händen und Füßen von tausenden Straßenkindern und arrangierten sie wie Devotionalien in den Favelas. Das Projekt erwies sich als ein Meilenstein der New Public Art der 1990er Jahre. Es spaltete die Gemüter, weil nie vorher so unverblümt die Scheinheiligkeit des südamerikanischen Katholizismus kritisiert wurde. Als Roger M. Buergel sie dann zu einer Videoarbeit für seine documenta 12 der „Migration der Form“ (2007) ermunterte, verblüfften sie die Kunstwelt mit einer spektakulären Nacherzählung der Lebensgeschichte von Hans Staden, der während einer Brasilienexpedition vor 500 Jahren in Gefangenschaft geriet, mit dem Leben davonkam und einen Reisebericht über die Tupinambá-Indianer verfasste, die ihre Feinde verzehrten, um sich deren Kultur anzueignen. Zu einem solchen Horrortrip ist die von Fanni Fetzer kuratierte Retrospektive mit dem Titel Kleine Geschichten von Bescheidenheit und Zweifel im Kunstmuseum Luzern nicht geraten. Vielmehr liefert die Schau einen ersten Überblick über all das, was den beiden in den vergangenen Jahren wichtige Anliegen...